Mias Mutter kam nach einigen Minuten zurück ins Bad. Sie hielt die nassen Laken, den Matratzenschoner und Mias Pyjama in einem großen, zusammengeknüllten Bündel vor sich. Der Anblick, wie ihre Mutter die Beweise ihres Missgeschicks trug, verursachte in Mia erneut eine tiefe Welle der Scham.
"Komm mit, Maus," sagte die Mutter leise und deutete mit dem Kopf in Richtung Flur.
Mia folgte ihr in die Waschküche, die direkt neben dem Badezimmer lag. Die Mutter öffnete die große Trommel der Waschmaschine und stopfte das nasse Bündel hinein. Der feuchte Stoff glitschte geräuschvoll in die Maschine, und die Mutter wählte dann das heißeste Waschprogramm aus, gefolgt von einem Extra-Spülgang.
Als sie die Waschmaschine startete, drehte sie sich zu Mia um. Mias Augen waren immer noch rot umrandet, und ihr gesamter Körper strahlte eine tiefe Niedergeschlagenheit aus.
Die Mutter trat näher und nahm Mias Gesicht sanft in beide Hände. "Hör zu, ich weiß, wie schrecklich dir das jetzt ist. Das ist... furchtbar peinlich, und das verstehe ich. Aber es ist auch nur ein Unfall. Wir sind nicht sauer. Nie."
Sie strich Mia eine Strähne nasser Haare aus dem Gesicht. "Ich habe Essig und Natron auf die Matratze gegeben und das Fenster aufgerissen. Das wird jetzt lange brauchen, um zu trocknen. Und ehrlich gesagt," sie zögerte einen Augenblick und lächelte sanft, "ich glaube, du bist heute nicht in der Verfassung für einen Schultag, an dem du dich hundertprozentig konzentrieren kannst."
Mias Augen weiteten sich leicht. Den Tag zu Hause verbringen? Keine Schule, keine peinlichen Begegnungen, keine Ablenkung von diesem bohrenden Gefühl in ihrer Magengrube. Es klang wie eine Erlösung.
"Du bleibst heute zu Hause. Du ruhst dich aus, und wir werden später ganz in Ruhe reden. Okay?"
Mia nickte hastig, ein kleiner, zitternder Seufzer entfuhr ihr. Das überwältigende Gefühl der Erleichterung, der mütterlichen Fürsorge und der beispiellosen Demütigung mischte sich zu einem emotionalen Chaos.
"Ja, Mami," flüsterte Mia.
Das Wort entfuhr ihr ganz unbeabsichtigt, ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit, als ihre Mutter noch ihre bedingungslose Beschützerin war und "Mami" die Antwort auf alle Sorgen. Sie hatte das Wort seit Jahren nicht mehr benutzt; normalerweise sagte sie "Mama". Die Mutter lächelte zart, fast unmerklich, und zog Mia kurz in eine feste Umarmung.
"Gut. Dann geh jetzt wieder ins Bad. Ich bringe dir ein Buch und etwas zu trinken. Dann kannst du dich anziehen, wenn du bereit bist."
Mias Mutter löste sich und wandte sich ab, um in die Küche zu gehen. Mia blieb einen Moment allein in der Waschküche stehen, um ihren Bademantel und ihren zerbrechlichen, fast kindlichen Zustand zu ordnen. Das ungewollte "Mami" hing noch in der Luft, ein winziges, entwaffnendes Eingeständnis ihrer momentanen Verletzlichkeit.
Nachdem die Mutter Mia im Bad mit einem Stapel alter Magazine und einem Becher warmen Kakao versorgt hatte, klingelte das Telefon in der Küche – nicht das Handy, sondern der Festnetzanschluss, den die Mutter für Notfälle und die Arbeit nutzte. Mia hörte, wie ihre Mutter den Anruf annahm.
Die Stimme der Mutter klang zuerst ruhig und dann zunehmend angespannter. Mia spitzte die Ohren.
"Ein Ausfall? ... Wirklich? ... Nein, ich verstehe, Sie brauchen die Vertretung... Aber ich bin heute eigentlich mit meiner Tochter... Ja, ich weiß, aber sie ist heute Morgen... Nun, ich kann sie jetzt schlecht wieder in die Schule schicken, das ist zu spät."
Die Mutter beendete das Gespräch mit einem seufzenden "Ich mache es irgendwie möglich, ich bin in dreißig Minuten da" und kam mit schnellen Schritten ins Bad zurück. Ihr Ausdruck war jetzt eine Mischung aus Bedauern und hektischer Notwendigkeit.
"Mia, das tut mir leid, das ist eine dumme Situation", sagte sie, während sie Mias Schulter tätschelte. "Wir haben ein Problem. Ich muss für ein paar Stunden in die Praxis. Ein Notfall. Ich kann dich aber nach allem, was heute Morgen war, nicht allein lassen."
Mia öffnete den Mund, um zu sagen, dass sie vierzehn sei und natürlich allein bleiben könne. Doch die Mutter schnitt ihr das Wort ab, bevor sie auch nur einen Laut herausbekam.
"Es ist zu spät für die Schule und ich möchte dich jetzt nicht einfach so allein deprimiert zu Hause sitzen lassen. Aber ich habe eine Idee." Die Mutter strahlte eine hektische, unerbittliche Entschlossenheit aus. "Auf meinem Weg zur Arbeit komme ich an der Kindertagesstätte Sonnenschein vorbei. Da arbeite ich ehrenamtlich und die Leiterin, Frau Gruber, kennt dich noch von früher. Ich rufe kurz an. Sie hat heute nur die kleineren Kinder da. Dort bist du in Gesellschaft, in Sicherheit, und ich kann dich in der Mittagspause abholen."
Mia starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Eine Kindertagesstätte? Mit Vierzehn? Das war beinahe so schlimm wie das Bettnässen selbst. Es war ein weiterer Schritt zurück in die Kindheit, den sie nicht verkraften konnte. Die Kleineren. Die würden sie anschauen wie ein Dinosaurier!
Doch Mias Protest war wieder nur ein Keuchen. Sie spürte, wie die Scham ihr die Kehle zuschnürte. Sie war zu verletzlich, zu überrumpelt. Und ihre Mutter verhielt sich so, als gäbe es keine andere logische Lösung.
"Mhm", presste Mia hervor, ihr Nicken kaum sichtbar.
"Gut so", sagte die Mutter, schob den Bademantel vom Handtuchhalter und hielt ihn Mia hin. "Zieh dir jetzt etwas Bequemes an – am besten Jogginghose und einen weiten Pulli. Ich rufe kurz Frau Gruber an, dann fahren wir los."
Fünfzehn Minuten später saß Mia mit glühenden Wangen auf dem Beifahrersitz des Autos, warm eingepackt in ihre bequemsten, aber kindlichsten Freizeitkleider, und ließ sich zu einer Kindertagesstätte fahren – alles, weil sie heute Morgen das Bett nass gemacht hatte. Die Ironie und die Peinlichkeit dieser ganzen Situation drohte, sie innerlich zu zerreißen. Sie schwieg. Sie wagte es nicht, ihre Mutter in dieser Hektik auch nur anzusehen.
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